Verdi-Aktion in Bussen und Bahnen fordert in Ausschreibungen fairen Wettbewerb mit Mindestgehältern
Die Fahrer der Heag mobilo fürchten durch die Ausschreibung von Buslinien Lohndumping und Arbeitsplatzabbau. Deshalb fahren sie mit Protest-Shirts und verteilen Flugzettel.
Darmstadt · In weißen T-Shirts mit dem Aufdruck „Stop Lohndumping“ machen zahlreiche Fahrer in den Bussen und Straßenbahnen der Heag Verkehrssparte auf die Kehrseite des Wettbewerbs im öffentlichen Nahverkehr aufmerksam. Sie befürchten, der Preiskampf der Unternehmen um die Aufträge für Buslinien könnte die Löhne drücken. Weil der Bund außerdem seine Zuschüsse im hessischen Nahverkehr bis 2009 um 200 Millionen Euro kürze, sieht die Gewerkschaft Verdi bis zu 1500 Arbeitsplätze in der Branche und zuarbeitenden Wirtschaftszweigen gefährdet.
Die Geschäftsführung der Heag mobilo begrüßt die Verdi-Initiative: „Es kann keinen fairen Wettbewerb geben, wenn einige Mitbewerber keine Tariflöhne zahlen“, sagt Pressesprecherin Silke Rautenberg.
Dabei fordere der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) in Ausschreibungen von den Bewerbern, den Tarif des Landesverbands Hessischer Omnibusunternehmern (LHO) zu zahlen. „Doch es gibt auch Unternehmen, die das versprechen und dann nur den Stundenlohn von 9,66 Euro zahlen – und alle anderen Tarifleistungen wie Urlaubsgeld oder Überstundenzuschläge fallen weg“, erklärt Manfred Angerer von Verdi Südhessen. So etwa das Groß-Zimmerer Bus-Unternehmen Winzenhöler, sagt Angerer. Die Verdi-Aktion solle demnächst mit zwei weiteren südhessischen Verkehrsbetrieben fortgesetzt werden.
Nicht nur die Löhne der Fahrer, auch die Qualität der Leistungen könnte durch den Wettbewerb sinken, fürchtet Angerer. So würde in Nebenfahrzeiten ausgedünnt und Billigkräfte mit mangelnder Ortskenntnis eingestellt. Bündnis 90/Die Grünen fordern daher einen Qualitätswettbewerb im öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV). „Elementar damit verbunden sind für uns faire Löhne, da nur mit motiviertem Personal ein kundenfreundlicher und qualitativ hochwertiger ÖPNV möglich ist“, sagt Felix Weidner, Grünen-Fraktionsvorsitzender in der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina). Generell seien die Grünen jedoch für den Wettbewerb. „Das Nahverkehrsangebot wird zu einem großen Teil aus Steuermitteln finanziert. Wir haben daher die soziale und gesellschaftliche Verpflichtung, den ÖPNV so effizient wie möglich zu gestalten.“ Entsprechende Gewinne sollten dann unmittelbar in ein verbessertes Bus- und Bahnangebot investiert werden.
Bisherige Erfahrungen mit Ausschreibungen in Hessen sind nach Einschätzungen der Grünen in der Summe deutlich positiv. Bei bereits ausgeschriebenen Linien lägen die Effizienzgewinne bei bis zu 30 Prozent. So würden die Linien U und H seit Dezember 2006 von der Heag mobibus nun ohne Zuschuss der Dadina betrieben.
Die Fahrer, so Rautenberg, werden wie gefordert nach dem LHO bezahlt. Allerdings mit einer Besonderheit: Als die Verkehrssparte der Heag noch keine eigenständige Gesellschaft war, wurden die Fahrer zum besseren Energieversorgertarif AVE angestellt. Bei der Ausgliederung der Verkehrssparte wurden sie in den Verkehrstarif AVN überführt. Zusätzlich erhalten sie als Besitzstandswahrung die Differenz zum AVE, nach Angaben der Heag mobilo rund 30 Prozent. Bei der Aufteilung in mobibus und mobitram wurden diese „teureren“ Fahrer in die mobitram übernommen. Dort, im Straßenbahnsektor, sei auf absehbare Zeit kein Wettbewerb, der auf die Löhne drückt, zu erwarten.