Hessens Verkehrsminister Dieter Posch über das Bemühen, sich einem staufreien Zustand zu nähern.
Herr Posch, welches Verkehrsmittel nutzen Sie am liebsten?
Wenn ich kann die Bahn.
Und sind Sie zufrieden?
Manchmal, wenn ich aus Nordhessen komme, sind die Umsteigemöglichkeiten zwischen Fern-, Regional- und Lokalverkehr nicht optimal. Im Ballungsraum Rhein-Main ist das besser.
Ärgert es Sie nicht, dass Sie beim S-Bahn-Fahren immer über Frankfurt fahren müssen, weil es keine Querverbindung gibt?
Die Verbindung zwischen Fernverkehr und Regionalexpress nach Wiesbaden ist nicht ausreichend. Wir haben mit dem Bahnchef besprochen, wie man die Verkehrslage nach Frankfurt hinein verbessern kann. Das setzt voraus, dass ich im Rhein-Main-Gebiet für eine Entlastung sorge, zum Beispiel durch die Regionaltangente West. Da haben wir unter anderem planungsrechtliche und Finanzierungsprobleme.
Beim hessischen Mobilitätskongress auf der IAA spricht auch der Chef des RMV. Ein Signal für eine neue Verkehrspolitik?
Verkehrspolitik hat lange darunter gelitten, dass Individualverkehr und öffentlicher Verkehr getrennt gesehen wurden. Das ist Quatsch. Um diese Verkehrsmengen zu bewältigen, spielt der öffentliche Nahverkehr eine maßgebliche Rolle. Nicht nur in den Ballungsräumen, sondern auch in den Regionen. Wir müssen die Straßen dadurch entlasten, dass der ÖPNV besser genutzt wird. Eine bessere Schienen-Verkehrsverbindung ist immer eine Förderung des Individualverkehrs.
Statistisch gesehen sitzen auf der A5 1,2 Menschen in jedem Auto. Wie wollen Sie die zum Umsteigen bewegen?
Die Akzeptanz ist wichtig. Die Verträge zwischen RMV und Bahn tragen dazu bei, dass zum Beispiel die S-Bahnen sauber sind. Wichtig sind auch die Bahnsteige, unter anderem deren Barrierefreiheit. Beim Bahngipfel habe ich mich geärgert. Der Bund will mit dem Konjunkturpaket die Situation an 238 Bahnhöfen verbessern, hat aber nicht mit uns Rücksprache gehalten, welche das sein werden.
Wie wollen Sie angesichts des demografischen Wandels das öffentliche Verkehrsangebot auf dem Land aufrechterhalten ?
Das ist Daseinsvorsorge. Deshalb müssen wir öffentliche Mittel hinzuschießen, ein Grundangebot aufrechterhalten. Neben Schiene und Bus auch mit Anrufsammeltaxis oder anderen Initiativen. Die Kürzungen der Regionalisierungsmittel des Bundes können wir nicht alleine über Ausschreibungswettbewerbe kompensieren.
Wann werden Sie Mobilitätsminister?
Ich bin auf dem Weg dazu.
Was ist der Unterschied zum Verkehrsminister?
Verkehrspolitik wird meist mit der Herstellung von Infrastruktur verbunden. In Wahrheit geht es um mehr. Um eine bessere Ausnutzung des Vorhandenen. Und um wirtschaftlich relevante Dinge. Dass Logistikunternehmen ihre Waren transportieren können, die Leute mit dem öffentlichem Nahverkehr pünktlich ins Büro kommen. Aber auch um die Befriedigung des privaten Mobilitätsbedürfnisses.
Stichwort Staufreies Hessen. Werde ich im Jahr 2015 nicht mehr auf der A5 im Stau stehen?
Wir haben seit der durch mich im Jahr 2001 erfolgten ersten temporären Seitenstreifenfreigabe auf der Autobahn 80 Prozent weniger Staus. Auch wenn die subjektive Wahrnehmung eine andere ist. Im Moment haben wir durch das Konjunkturpaket aber auch eine Vielzahl von Baustellen. Staufreies Hessen heißt, dass wir uns bemühen, uns dem staufreien Zustand zu nähern. Dazu müssen wir die vorhandenen Kapazitäten besser nutzen. Wirkliche Neubauten bei den großen Straßen sind nicht geplant. Es wird nur drei Lückenschlüsse geben. Schwerpunkt ist die Instandsetzung. Dafür geben wir in den nächsten viereinhalb Jahren im Landesstraßenbau 450 Millionen Euro aus.
Interview: Jutta Rippegather
Zur Person
Dieter Posch (FDP) war von 1999 bis 2003 hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und ist es jetzt wieder. Er lebt in Nordhessen.
Mobilitätsminister, meint er, sei der bessere Titel. Ziel sei es, die vorhandenen Kapazitäten möglichst gut auszunutzen, um Menschen und Gütern eine ungestörte Mobilität zu ermöglichen.
Nachhaltige und umweltgerechte Mobilität ist Thema des hessischen Mobilitätskongresses am kommenden Freitag auf der Internationalen Automobilausstellung. Neben Posch sprechen dazu unter anderem Martin Lanzdorf von der Stiftungsprofessur für Mobilitätsforschung an der Universität Frankfurt und Knut Ringat, Chef des Rhein-Main-Verkehrsverbunds.