Investitionen im Hauptbahnhof Darmstadt werden deutlich teurer als geplant
PFUNGSTADT. Die Pfungstadt-Bahn kann ihren Fahrplan nicht einhalten. Am 16. Dezember 2003 hatten Deutsche Bahn AG, Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), die Stadt Pfungstadt und die Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina) zwar die Planungsvereinbarung zur Reaktivierung der 1956 stillgelegten Bahnstrecke unterzeichnet.
„Die Aufnahme des Betriebsprogramms ist spätestens für Dezember 2007 vorgesehen“, ist darin zu lesen. Neun Monate vor diesem Termin steht nun fest: Die Pfungstadt-Bahn, die Fahrgäste in zehn Minuten zum Hauptbahnhof Darmstadt bringen soll, hat Verspätung. Vor Ende 2009 wird wohl kein Zug aufs Gleis gesetzt.
Veränderte Rahmenbedingungen nennen Bahn, RMV und Dadina als Grund für den Verzug. Denn nach der Planungsvereinbarung stellte die Bahntochter DB Netz fest, dass die Investitionen im Hauptbahnhof Darmstadt deutlich teurer werden als geplant.
Für die bevorzugte Lösung ist im Hauptbahnhof eine aufwendige Signaltechnik nötig (2,3 Millionen Euro). Unter Verweis auf gesetzliche Vorgaben erhöhen sich die Kosten für den Bahnübergang von 0,25 auf 1,8 Millionen Euro.
Statt 2,5 Millionen Euro, wie ursprünglich geplant, soll das Projekt nun 6,1 Millionen Euro kosten. Damit stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit neu – die bestehende Nutzen-Kosten-Untersuchung musste überarbeitet werden.
Dieses Gutachten ist der Dreh- und Angelpunkt. Es legt fest, ob das Land für das Millionenvorhaben Zuschüsse zahlt. Dabei ist allen Beteiligten klar: Ohne Finanzspritze von Land und Bund ist die Bahn nicht finanzierbar.
Für die verbleibenden Kosten müssen Pfungstadt, RMV, Dadina und die Bahn aufkommen. Die jetzt vorliegende Expertise bezeichnet die Pfungstadt-Bahn auch weiter als „förderungswürdig“. „Ein lohnendes Projekt“, sagt Dadina-Vorstandsvorsitzender Klaus Feuchtinger (Grüne).
Am Konzept hat sich wenig geändert. Zwischen 5 und 21 Uhr sollen Züge im Stundentakt unterwegs sein. Nach Prognosen der Gutachter ein attraktives Angebot. Um mehr als zehn Prozent soll die Zahl der Fahrgäste im Raum Pfungstadt im Vergleich zu einer Busverbindung steigen. 9300 Menschen würden 2015 die Bahn nutzen, den Bus nur 8300.
Nicht nur für Verkehrsplaner scheint die Wiederbelebung der alten Trasse lohnenswert. Auch die Stadt Pfundstadt sieht eine direkt Schienenanbindung als Standortfaktor. Denn bislang kommen Pendler nicht umsteigefrei zum Hauptbahnhof. Umso verärgerter sind Bürgermeister Horst Baier und andere Kommunalpolitiker über die Verzögerung.
„Wir haben einen Vertrag, in dem das Datum 2007 festgeschrieben ist. Daran hält sich die Bahn nicht“, schimpft Baier. Ihn wundert, dass erst spät Nachbesserungen nötig waren. Die Stadt habe ihren Teil der Arbeit gemacht und auch die von der Bahn 2005 neu aufgeworfene Standortfrage gelöst.
Die Planungen für den Park-and-ride-Platz sind abgeschlossen, der Vertrag für den Kauf des 6000 Quadratmeter großen Streifens für die Strecke neben der Eberstädter Straße ist unterschriftsreif. Für Baier ist nicht verständlich, warum die Bahn so lange braucht, um die Kosten für Bahnübergang und Signaltechnik im Hauptbahnhof zu ermitteln.
Bahnsprecher Hartmut Lange weist die Kritik zurück. Erst wenn klar sei, dass die Strecke von Stadt und Verkehrsverbünden gewollt sei, könne die Bahn mit der Planung beginnen. Im März 2005 sei eine neue Nutzen-Kosten-Untersuchung beschlossen worden.
Die Bahn sei erst im folgenden Dezember aufgefordert worden, Daten vorzulegen, erläutert er den Zeitablauf. „Neue Schienenverbindungen dauern nun mal länger“, fügt Lange hinzu. Nachdem die Dadina-Versammlung am Donnerstagabend die Umsetzung der Pläne beschlossen hat, will die Bahn nun nachziehen.
Für manchen Pfungstädter ist das kein Trost. In der Bevölkerung macht sich Skepsis breit, ob die Verbindung außer in Pfungstadt überhaupt noch gewollt wird. Sprecher von RMV, Dadina und Bahn beteuern dies. Sie visieren jetzt den Dezember 2009 an. „Das ist realistisch“, sagt RMV-Sprecherin Petra Eckweiler.